EDI, EDIFACT und EANCOM Kurzeinführung

Veröffentlicht von Rhein-Ruhr-Informatik am

Was ist und wofür steht EDI?

In unserer globalen Geschäftswelt ist die reibungslose Kommunikation zwischen den Geschäftspartnern eines der wichtigsten Kriterien, um den weltweiten Handel in der heutigen Form durchzuführen. Um dieses zu erreichen, wurde EDI (Electronic Data Interchange) mit dem Zweck, den elektronischen Austausch von Geschäftsdokumenten, wie beispielsweise Artikelstammdaten, Bestellungen, Lieferscheine und Rechnungen auszutauschen, eingeführt.

Als Vater des elektronischen Datenaustausches gilt Edward Guilbert der EDI bereits in den 1960er Jahren in den Lieferketten der US-Transportbranche implementierte. Um die globale Reichweite der Technologie zu verbessern schuf 1985 die UN EDIFACT EDI. Diese Dokumente werden in Form von strukturierten Daten und ohne manuelle Eingriffe ausgetauscht.

Gegenüber papierbasierten Geschäftsprozessen hat EDI den entscheidenden Vorteil, dass es eine automatisierte Verarbeitung mit sehr geringer Fehlerquote ist und die Möglichkeit bietet, EDI-Nachrichten automatisch ins ERP-System (Warenwirtschaftssystem des Unternehmens) zu erfassen.

Was ist EDIFACT?

UN/EDIFACT sind Regeln der Vereinten Nationen und umfassen eine Reihe international vereinbarter Standards, Verzeichnisse und Richtlinien für den elektronischen Austausch von strukturierten Daten zwischen weltweit unabhängigen computergestützten Informationssystemen.“

EDIFACT (Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport) bedeutet zu Deutsch, -elektronischer Datenaustausch für Verwaltung, Handel und Transport-. Dieser besteht aus einer hierarchischen Struktur, bei der die oberste Ebene als Interchange bezeichnet wird. Eine EDIFACT-Nachricht ist eine vollständige, strukturierte Datensequenz, die einen einzelnen Geschäftsvorgang darstellt, wie zum Beispiel eine Bestellung. Die UN/EDIFACT-Syntax ist in der Norm ISO 9735 festgelegt. Er umfasst über 200 verschiedene Nachrichtentypen und wird mittlerweile von mehr als 300.000 Unternehmen weltweit eingesetzt.

EANCOM ein Subset aus EDIFACT

EANCOM® (EAN + Communication) ist ein weltweit gültiger Nachrichtenstandard, mit dem international und branchenübergreifend elektronisch Geschäftsdaten ausgetauscht werden können. Er ist der global am weitesten verbreitete Standard für den elektronischen Datenaustausch EDI. Die Besonderheit von EANCOM® ist die Berücksichtigung der globalen GS1 Standards zur Identifikation wie z.B. GLN, GTIN und SSCC/NVE.

GLN – Mit der GLN werden Unternehmen und Unternehmensteile, wie zum Beispiel Standorte oder Lager, weltweit eindeutig und überschneidungsfrei identifiziert und ist 13-stellig.

GTIN – Mit der GTIN kann jeder Artikel, jedes Produkt oder jede Produktvariante weltweit überschneidungsfrei identifiziert werden.

SSCC/NVE – Der SSCC (Serial Shipping Container Code) ist eine 18-stellige Identifikationsnummer für jegliche Arten von Transporteinheiten, z.B. Paletten und Versandkartons. In Deutschland wird er auch als NVE (Nummer der Versandeinheit) bezeichnet. In der Praxis ist der SSCC wichtiger Bestandteil des GS1 Transportetiketts.

Weitere Infos dazu finden man auf der Seite der GS1 unter www.gs1-germany.de

Im EANCOM-Subset werden nur die benötigten Segmente aus dem unterliegenden UN/EDIFACT-Standard verwendet. Die Besonderheiten eines Subsets stellen die branchenspezifischen Qualifier dar. Diese erweitern den Standard um die in der Branche üblichen und benötigten Ausprägungen.

Der Standard EANCOM® wurde ursprünglich für die Bedürfnisse der Konsumgüterindustrie konzipiert. Heute ist der EDI-Standard jedoch branchenübergreifend aufgestellt. Beispiele hierfür sind das Gesundheitswesen, Logistik, Fashion, eCommerce oder Bargeldlogistik. 

EANCOM (EAN + Communication) steht für detaillierte Beschreibungen vereinfachter EDIFACT-Nachrichten, die Anwender leicht verstehen und in der Praxis einsetzen können. GS1 ist für die Weiterentwicklung des EDIFACT-Subsets EANCOM® verantwortlich.

  • EANCOM beinhaltet alle GS1 Identifikationsstandards (z.B. GLN & GTIN) und hat dadurch einen sehr hohen Nutzen in der Vereinheitlichung des elektronischen Datenaustausch.
  • Ermöglicht eine direkte elektronische Verarbeitung nach Erhalt der Daten, mit direktem Zugriff auf die gesendeten Informationen in kürzester Verarbeitungszeit.
  • Vorteile einer internationale Unternehmenskommunikation in einheitlicher Datenstruktur.
  • Durch die elektronische Übermittlung ergibt sich eine hohe Sicherheit der Datenkonsistenz gegenüber manuellen Eingaben in den ERP-Systemen und es entfallen aufwendige Kontrollprozesse zur Freigabe der Daten. 
  • Spürbare Reduzierung in den Aufwänden für Verwaltung und Personal sowie Porto und Versandkosten.

Struktur einer Übertragungsdatei

Eine einfache Übertragungsdatei besteht aus einem Nutzdaten-Kopfsegment mit den Nutzdaten. Diese interpretieren vereinfacht dargestellt einen Briefumschlag mit Absender und Empfänger, sowie den inhaltlichen Text.

Diese Segmente beginnen immer mit einem “UN“ und werden Service Segmente genannt. Jedes Segment gibt wie in einer XML-Struktur, ein definierter Anfang und Ende zusammenhängender Daten an.

UNB als Anfang und UNZ als Ende (dieses ist der Umschlag)

UNH als Anfang und UNT als Ende (dieses ist der gesamte Brief)

Zusätzlich UNS innerhalb des UNH-UNT das als Abschnitts-Kontrollsegment dient. Je nach Nachrichtenart folgen dann Segmente zur Kontrolle oder nicht.

Innerhalb des UNH-UNT gibt es dann eine Aufteilung, die je nach Nachrichtenart aus drei Teilen besteht.

  • Einem Kopfteil der sich auf die gesamte Nachricht bezieht.
  • Positionsteil, wo sich die angegebenen Daten immer nur auf diese eine Position beziehen.
  • Einem Summenteil, wo es nur Segmente zu Summen und Kontrollwerte gibt wie z.B. Anzahl der Bestellposition oder Rechnungsgesamtbetrag usw.

Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit einen erweiterten Zeichensatz anzuwenden, den auch die meisten Handelspartner anwenden und diesen dadurch kenntlich machen, indem Sie ein UNA der eigentlichen Nachricht voranstellen. Dieses zeigt explizit den Gebrauch der Standard-Trennzeichen innerhalb der Nachricht an.

Nutzdatensegmente

Für die Nutzdatensegmente gibt es eine Vielzahl von Bezeichnern die eine grobe Information und Qualifier, die eine genaue Angabe über die Bedeutung bzw. Zugehörigkeit der übermittelten Daten festlegen. Dazu gibt es noch Code Werte, die eine Nachrichtenfunktion beschreiben.

Zwei Segment Beispiele zur Verdeutlichung:

DTM+137:20250502:102‘
DTM		= Bezeichner für das Segment – Datum/Uhrzeit/Zeitspanne-
+		= Trennzeichen
137		= Qualifier der festlegt, dass es sich um das Dokumentendatum handelt
:		= Trennzeichen
20250502	= Datum, wann der Beleg erstellt wurde
: 		= Trennzeichen
102		= Code der festlegt, wie das Format des Datums anzugeben ist.
‚		= Segmentende Kennzeichen
BGM+220+2334583161+9'
BGM		= Bezeichner für das Segment – Beginn der Nachricht-
+		= Trennzeichen
220		= Qualifier der festlegt, dass es sich um eine Bestellung handelt
+		= Trennzeichen
2334583161	= Auftragsnummer der Bestellung oder Bestellnummer
+		= Trennzeichen
9		= Code für Original
‚		= Segmentende Kennzeichen

Beispiel einer einfachen EANCOM ORDERS (Bestellung) mit zwei Positionen

UNA:+.? '	  
UNB+UNOC:3+4888885550836:14+9898999999999:14+250424:1312+16984+++++EANCOM'
UNH+001+ORDERS:D:96A:UN:EAN008'		Referenznummer der ORDERS lautet 001 und Versionsangaben
BGM+220+4700483161+9'			Die Bestellnummer lautet 4700483161
DTM+137:20250424:102'			Das Belegdatum ist der 24.04.2025
DTM+2:20250429:102'				Der Liefertermin soll der 29.04.2025 sein
NAD+BY+4888885550836::9'			Die eindeutige GLN des Bestellers
NAD+SU+9898999999999::9'			Die eindeutige GLN des Lieferanten
NAD+DP+4888885551234::9'			Die eindeutige GLN des Warenempfängers (z.B. ein Lager)
NAD+IV+4888885550001::9'			Die eindeutige GLN an dem die Rechnung zu Auszustellen ist
CUX+2:EUR:9'					Währungsangabe
LIN+1++9898942116455:EN'			Erste Position mit der eindeutigen Artikel GTIN 9898942116455
PIA+1+77315-705:SA'				Interne Artikelnummer des Lieferanten 77315-705
IMD+F++:::BLUSE/BLOUSES'			Artikelbeschreibung
QTY+21:36:PCE'					Menge der Bestellten Artikel ist 36
PAC++1'					Packstück/Verpackung
LIN+2++9898912548068:EN'			Zweite Position mit der eindeutigen Artikel GTIN 9898912548068
PIA+1+77315-732:SA'				Interne Artikelnummer des Lieferanten 77315-732
IMD+F++:::HOSE/PANTS'			Artikelbeschreibung
QTY+21:60:PCE'					Menge der Bestellten Artikel ist 60
PAC++1'					Packstück/Verpackung
UNS+S'						Abschnitts Kontrollsegment
UNT+21+001'					Nachrichtenende, es gibt 21 Segmente inkl. UNH-UNT  
UNZ+1+16984'					Ende, es befindet sich eine Nachricht im Umschlag 16984 

Datenübermittlung

Für die Übermittlung von EDI-Daten gibt es vielfältige Möglichkeiten. Am häufigsten werden AS2 (Applicability Statement 2, ist ein HTTP-basiertes Protokoll), oder X.400 ( BusinessMail, ein Message Transfer System der Deutschen Telekom) verwendet. Auch gesicherte Verbindungen über z.B. SFTP, SCP, OFTP usw., werden in bilateraler Absprache eingesetzt.

EDI intern oder extern?

Ein Unternehmen kann eine EDI-Abteilung aufbauen, die zusammen mit der eigenen IT aus den internen Systemen Schnittstellen definiert und jeweils ein zugehöriges Mapping erarbeitet, die dann im Datenausgang EDI Nachrichten erzeugt und über die bilateral abgesprochene Verbindung zum Partner versendet. Die von den Partnern versendeten EDI-Nachrichten ans Unternehmen werden in Umkehr durch Mappings in die systemeigenen Schnittstellen konvertiert, um automatisch eingelesen und verarbeitet werden zu können. Da sich Unternehmen ständig an den Markt anpassen müssen oder interne Betriebsabläufe oder Systeme ändern, gibt es auch in der EDI-Verarbeitung meistens kleinere oder größere Projekte, die zu Anpassungen an diesen Schnittstellen führen. Wie viele Mitarbeiter benötigt werden, um eine interne Abteilung aufzubauen, die den Kundenkontakt, Support und IT-Leistungen koordiniert, ist einer der entscheidenden Faktoren, ob diese Lösung in Betracht kommt.

Eine externe Lösung, die viele Unternehmen wählen hat den Vorteil, dass keine Infrastruktur im Unternehmen selbst aufgebaut werden muss. Der EDI-Dienstleister übernimmt alle Aufgaben, die für den elektronischen Datenaustausch mit den Partnern nötig sind. Durch Analysen werden die systemeigenen Schnittstellen des Unternehmens vom EDI-Dienstleister ohne Veränderung aufgenommen. Er verfügt in der Regel über eigene Konverter Systeme, wo die aufgenommenen Schnittstellendaten in abgesprochene EDI-Formate konvertiert werden, um diese an die zugehörigen Partner zu versenden. Der Empfang von Daten, die der Partner versendet hat, wird entsprechend umgekehrt verarbeitet und die passend konvertierten Daten an die Schnittstelle übergeben. Er übernimmt die elektronische Kommunikation zum Unternehmen und den Partnern sowie den AMS-Support.

Fazit:

Die hier dargestellte, kurze Erläuterung von EDI, EDIFACT und EANCOM ist ein sehr kleiner Teil des gesamten Spektrums dieser Thematik und gibt nur einen kurzen Einblick in die Welt des elektronischen Datenaustausches. Es zeigt aber die Möglichkeit auf, einen einfachen und sicheren Datenaustausch zwischen Kunde und Lieferant herzustellen, so dass diese Unternehmen die verschickten Daten ohne manuelle Bearbeitung weiterverarbeiten können. Die Einsatzmöglichkeit von EDI ist sehr vielfältig, effizient und kann Unternehmen große Kosteneinsparungen in der Datenverarbeitung erbringen. Eine umfassende Beratung von EDI-Spezialisten mit anschließender Analyse der internen Unternehmensabläufe, aktueller Datenverarbeitung und bestehenden Systemen sind für die Einführung mehr als empfehlenswert. Es gibt viele Faktoren die bei der Einführung von EDI entscheidend sind, wie z.B., mit wie vielen Partnern soll der Datenaustausch erfolgen, welche Nachrichtenarten möchte man einführen, welche Anzahl an Nachrichten werden pro Tag oder Monat ausgetauscht, wie viele Schnittstellen werden benötigt und noch viele andere.  Aus der Analyse können dann auch die möglichen Schlüsse für eine interne oder externe Lösung ausgearbeitet werden, um die optimale Effizienz auszuschöpfen.

de_DEDeutsch